Rotes Kreuz, Schweizer Wappen

Warum das Schweizer Wappen durch die Genfer Abkommen geschützt ist

In den Genfer Abkommen von 1949 steht es, im deutschen Ordnungswidrigkeitengesetz auch; aber warum wird der Schutz des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit dem Rotkreuz-Zeichen
gleichgesetzt?

Auf Anordnung des schweizerischen Generals Dufour erhielten seine Truppen 1839 erstmalig eine einheitliche Flagge mit dem sog. „Schweizerkreuz“ (Weiß auf Rot), das aus fünf Quadraten gebildet wurde. 1848 wurde dies vom schweizerischen Bundesstaat übernommen und seit 1889 durch Bundesversammlung und Bundesbeschluss einheitlich angewendet wird. Es wundert nicht, dass Dufour an der Gründung des Roten Kreuzes beteiligt war und ihm wohl auch die „Erfindung“ des Rotkreuz-Zeichens im Jahr 1863 zuzuschreiben ist. Andere Quellen schreiben es dem Komiteemitglied Dr. Appia zu.

Im Ursprungsabkommen von 1864 fanden sich aber noch keine Hinweise auf das Schweizer Wappen, dies änderte sich erst 1906 mit der Überarbeitung des I. Genfer Abkommens. Hier wurde nun eine Zusammengehörigkeit beschrieben: „Zu Ehren der Schweiz wird das heraldische Abzeichen des Roten Kreuzes auf weißem Grunde, das durch die Umkehrung der eidgenössischen Landesfarben gebildet ist, als Wahrzeichen und Abzeichen des Sanitätsdienstes der Heere beibehalten“ (Artikel 18). Gerade militärische Flaggen waren damals wichtige Erkennungszeichen in bewaffneten Konflikten; heute spielen sie wohl nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Ehre der Umkehrung liegt wohl auch darin begründet, dass es der schweizerische Bundesrat – nach einem Vorschlag des Genfer Komitees – übernommen hatte zu den Konferenzen von 1863 und 1864 nach Genf einzuladen und diese Sitzungen unter seiner Federführung stattfanden.

Nachdem der Zusammenhang zwischen Rotem Kreuz und Schweizer Wappen im Jahr 1906 festgestellt worden war, konnte in den folgenden Abkommenstexten auch eine Schutzbestimmung zum Schweizer Wappen aufgenommen werden. Dies forderte damals, im Jahr 1926, der schweizerische Delegierte auf der Versammlung [1] und das IKRK befürwortete diesen Antrag selbstverständlich [2]. Diese dann erfolgte Unterschutzstellung eines Hoheitszeichens eines Staates stellt eine Einmaligkeit in den Genfer Abkommen dar und gilt bis heute in den Genfer Abkommen von 1949 weiter.

Der Artikel 53 des I. Genfer Abkommens führt zur Begründung dazu deutlich aus: „Im Hinblick auf die der Schweiz durch Annahme der umgekehrten eidgenössischen Landesfarben erwiesene Ehrung und auf die zwischen dem Schweizerwappen und dem Schutzzeichen des Abkommens mögliche Verwechslung ist der Gebrauch des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft sowie aller Zeichen, die eine Nachahmung darstellen, durch Privatpersonen, Gesellschaften und Handelsfirmen, sei es als Fabrik- oder Handelsmarke oder als Bestandteil solcher Marken, sei es zu einem gegen die kaufmännische Ehrbarkeit verstoßenden Zweck oder unter Bedingungen, die geeignet sind, das schweizerische Nationalgefühl zu verletzen, jederzeit verboten.“

Zur Umsetzung in Deutschland
Nach der Ratifizierung des I. und III. Genfer Abkommens durch die Deutsche Reichs-regierung im Jahr 1934 [3] wurde ein separates „Gesetz zum Schutz des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft“ mit nur drei Paragrafen verabschiedet. Paragraf 1 lautete: „Das Wappen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (das aufrechte, gleicharmige, gradlinige, weiße Kreuz auf rotem Grunde) darf nicht zu einem gegen die kaufmännische Ehrbarkeit verstoßenden Zweck oder unter Bedingungen gebraucht werden, die geeignet sind, das schweizerische Nationalgefühl zu verletzten.“ [4] Diese Bestimmungen zielten also ausschließlich auf den Handelsverkehr ab und leiten einen möglichen Schutzanspruch nur über die Verletzung des Nationalgefühls ab. Ein Verweis auf die Genfer Abkommen findet sich lediglich im Einleitungssatz des Gesetzes: „Die Reichsregierung hat zur Ausführung des Genfer Abkommens zur Verbesserung des Loses der Verwendeten und Kranken der Heere im Felde vom 27. Juli 1929 […] das folgende Gesetz beschlossen […]“.

In der Bundesrepublik Deutschland entschied man sich die Schutzbestimmungen für das Schweizer Wappen erst im Jahr 1975 in das Ordnungswidrigkeitengesetz aufzunehmen: „Ordnungswidrig handelt auch, wer unbefugt das Wappen der Schweizerischen Eidgenossenschaft benutzt.“ [5] Ähnliche Schutzbestimmungen finden sich in nur wenigen weiteren Ländern, wie z. B. in Australien, Belgien, Bolivien, Deutschland, Frankreich, Mauritius, Indien, Kambodscha, Österreich, Sri Lanka, Vereinigtes Königreich und den Vereinigten Staaten. [6]

Das Österreichische Rotkreuzgesetz erwähnt Schutzbestimmungen für das Schweizer Wappen in dessen Paragraf 8, das DRK-Gesetz erwähnt es hingegen nicht.

[1] Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung der beiden am 27. Juli 1929 in Genf geschlossenen Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Heere im Felde und über die Behandlung der Kriegsgefangenen. 8. September 1930 (BBl II 1930, Seite 253 ff.)
[2] Thomas Brückner: Hilfe schenken – Die Beziehungen zwischen dem IKRK und der Schweiz 1919-1939, S. 74
[3] Reichsgesetzblatt II 1934, Seite 207 ff.
[4] Reichsgesetzblatt I 1935, Seite 501
[5] § 125 OWiG, Absatz 2
[6] IKRK-Kommentar zu Art. 53 des I. Genfer Abkommens, 2020

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