110. Todestag von Henry Dunant

Am 30. Oktober 1910 starb Henry Dunant in Heiden am Bodensee (Schweiz), am heutigen Tag vor 110 Jahren.

Dunant lebte seit 1892 in zwei kleinen Zimmern im Bezirkskrankenhaus in Heiden und wurde dort von nur wenigen Personen betreut. Er litt u. a. an Verfolgungswahn und Depressionen, wie Einträge im Krankenhausjournal belegen. Zu seinen ganz wenigen Besuchern gehörte Prinzessin Therese von Bayern, die ihn noch im Jahr 1910 besuchte und das wohl letzte Foto von Dunant aufnahm.

Etwa eine Woche vor seinem Tode erlitt Dunant einen Schwächeanfall. Die New York Times berichtete bereits über seinen Tod, das Journal de Genève über seinen schlechten Gesundheitszustand. So auch die hiesige lokale Zeitung, das Jeversche Wochenblatt, mit einer Kurzmeldung in der Ausgabe vom 25. Oktober 1910. Am 29. Oktober wird dort auch berichtet, dass sein Neffe ihn nun in Heiden aufgesucht hat.

Am darauffolgenden Tag, dem 30. Oktober 1910, stirbt Dunant im Alter von 82 Jahren. Dr. Altherr, sein betreuender Arzt und Freund in Heiden, verzeichnet auf dem Todesschein als Ursache Altersschwäche und Myokarditis. Dunants Sarg wurde am 2. November 1910 per Bahntransport mit der Bergbahn nach Rohrschach und weiter mit der Schweizerischen Bundesbahn nach Zürich überführt und am selben Abend im dortigen Krematorium eingeäschert.

Am 27. Juli 1910 hatte Dunant bereits sein Testament vor dem aus Genf angereisten Notar Dr. Cherbuliez in Anwesenheit seines Neffen Maurice Dunant und Dr. Altherr abgeschlossen. Es enthält eine ausführliche Liste an Vermächtnissen in Geld in Höhe von insgesamt 31.090 Schweizer Franken (CHF) an verschiedene Personen in der Schweiz, Deutschland und in Norwegen. Sein Vermögen betrug nach seinem Tode insgesamt 174.830,25 CHF. Es stammte vorwiegend aus dem ihn 1901 zuerkannten Friedensnobelpreis und war in Norwegen hinterlegt. Nach Abzug von Verbindlichkeiten verblieben noch 95.000 CHF, über deren Verwendung sein Neffe Maurice Dunant gemäß dem Testament zu verfügen hatte. Nach Dunants letztem Willen verteilte er diese Summe auf insgesamt 26 Organisationen, die unterschiedliche Summen zwischen 3.000 und 500 CHF erhielten.2 Sämtliche Bücher, Urkunden, Medaillen und Briefe vermachte er seinem Neffen.

In früheren Jahren hatte Dunant zu seiner Bestattung geäußert, er möge „wie ein Hund begraben“ werden“. Sein früheres Testament aus dem Jahr 1908 legt, etwas nüchterner beschreibend, fest, dass sein „letzter ausdrücklicher Wille ist, dass man meine sterblichen Reste ohne jede Zeremonie ganz schlicht einäschert.“

In Zürich fand demgemäß auch keine große Trauerzeremonie statt; ganz im Sinne von Dunant war es eine eher familiäre Trauerfeier mit nur wenigen Honoratioren. Außer den wenigen Familienangehörigen nahmen nur Dr. Wettstein (Generalkonsul Norwegens in Zürich), Prinz Galitzine (Kaiserliche Gesandtschaft Russlands in Zürich), zwei Delegierte des Züricher Samaritervereins und die wichtigsten Vertreter des Schweizerischen Roten Kreuzes teil. Daneben waren persönliche Freunde von Dunant zugegen, wie Dr. Altherr und Prof. Müller (Stuttgart). Trauerreden wurden nicht gehalten.

Seine Urne wurde 21 Jahre lang im Kolumbarium in der Urnennische Nr. 1174 auf dem Züricher Sihlfeld-Friedhof verwahrt. Erst durch Betreiben des Züricher-Altstadt Samaritervereins wurde für Dunant am 9. Mai 1931 ein ansprechendes Ehrenmal errichtet. Diesmal wurden gut 3.000 Personen gezählt, die an der Einweihung teilnahmen. Darunter befanden sich u. a. der Schweizerische Bundesrat Giuseppe Motta, Vertreter des Ständeund Nationalrates, des Stadtrates und Abordnungen zahlreicher Kantone und der Rotkreuz-Organisationen usw. Wegen der großen Menschenmenge musste sogar Polizeikräfte zur Regelung des Verkehrs eingesetzt werden.

Die Neue Züricher Zeitung berichtete: „Des großen Volksmannes und edlen Philanthropen Güte und Herzlichkeit überstrahlte den Akt, der Geist der Nächstenliebe lag darüber. […] Zwei Lorbeerkränze, mit den Genfer und Schweizer Farben geschmückt, zierten die Grabstätte, der kurze Zeit auch ein paar blinkende Sonnenstrahlen Gruß und Licht spendeten. […] „Ihrer weiteren Fürsorge sei Henri Dunants Asche anvertraut.“ Bei diesen Worten fiel das Tuch und die Grabmalgruppe in rotem Burgunder Kalkstein ausgeführt, zeigte sich, ein barmherziger Samariter, mit der Linken einen Schwerverwundeten haltend, mit der Rechten ihm in einer Schale Labung bietend, ein schönes, für jedermann klares Symbol der Nächstenliebe. Die Rückwand der Grabstätte zeigt den alten Dunant mit dem Käppchen, darunter das Schweizer- gleichzeitig das Rote Kreuz darstellend und neben Geburts- und Todestag die Worte: „Dem Urheber der Genfer Konventionen und des Roten Kreuzes, dem hochherzigen Verfasser von „Un Souvenir de Solferino“ und Träger des ersten Nobelpreises, zur Erinnerung – aus nationalen Mitteln errichtet 1931.“ Das Denkmal, das noch heute besteht, wurde vom Züricher Künstler Hans Gisler gestaltet.

Literatur:
# Dieter & Gisela Riesenberger: Henry Dunant 1828-1910 : Der Mensch hinter seinem
Werk. 2011
# Yvonne Steiner: Henry Dunant : Biographie. 2010
# Willy Heudtlass: J. Henry Dunant : Biographie. 4. Auflage, 1985
# Bernhard Gagnebin, Marc Gazay: Encounter with Henry Dunant. 1963

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